Alpenjaegerin auf Rentierjagd in Norwegen
Der dritte Tag. Mehr als ein Dutzend Kilometer anstrengende Pirsch liegen bereits hinter uns und die Beine beginnen schon zu schmerzen. Der 90-Liter-Rucksack schneidet schon spürbar in die Schulter ein. Die 35 kg feinstes Rentierfleisch sind wahrlich keine Beute, die leicht nach Hause zu bringen ist. Die Knie werden bei jedem Schritt etwas weicher und machen es zunehmend schwerer, auf den rutschigen, mit Moos bewachsenen Felsen einen sicheren Tritt zu finden. In Gedanken schweife ich ab, lasse die unglaubliche Natur und die Eindrücke der letzten Tage Revue passieren. Ich genieße die völlige Einsamkeit in dieser unendlich scheinenden Wildnis. All das entschädigt für die Anstrengungen der letzten Tage. Schritt für Schritt geht es voran. Und dann ist es endlich geschafft… Das Jagdfieber lässt so langsam wieder nach und ich realisiere: Norwegen wird bei mir bleibende Eindrücke hinterlassen!
Was macht die Jagd in Norwegen so besonders?
Ein paar Tage zuvor: Mit einer kleinen Maschine landen wir an der Südküste Norwegens auf dem überschaubaren Flughafen in Kristiansand. Bereits dort dürfen wir das norwegische Flair aufnehmen: alles wirkt sehr gemütlich und durchwegs sympathisch. Direkt am Flughafen werden wir von Are, unserem Guide, empfangen. Er wird uns die nächsten Tage auch auf der Jagd begleiten. Nun liegen aber erst mal weitere drei Stunden Autofahrt ins Landesinnere vor uns. Unser Ziel wird eine kleine rustikale Jagdhütte inmitten der norwegischen Hochebene nahe einem Stausee sein. Schon auf dem Weg dorthin erinnert vieles an Kanada. Kaum befahrene Straßen, endlose Birken- und Kiefernwälder, unberührte Natur und Wasser, wohin das Auge reicht. Entlang eines kleinen Flusses geht es Richtung Norden, dann weiter auf einer Schotterstraße den Stausee entlang in das Jagdgebiet von knapp 30.000 ha. Am Ende des Sees liegt – fern von jeglicher Zivilisation – unsere Unterkunft für die nächsten fünf Tage: eine von Herbstfarben umrahmte, idyllische kleine Jagdhütte.
Dort angekommen, ist vom anfänglichen guten Wetter, das uns in Kristiansand noch empfing, wenig übrig geblieben. Uns weht bereits ein starker frostiger Wind aus Nordost entgegen. Dichte Nebel- und Regenwolken streifen über die Berge. Are berichtet uns während des Auspackens, dass Rentiere die Angewohnheit besitzen, immer gegen den Wind zu ziehen. Die Windrichtung spielt bei der Rentierjagd also eine entscheidende Rolle. Er will uns so darauf hinweisen, dass uns das Wetter, anders als vorhergesagt, nicht gerade in die Karten spielt. Denn unter diesen Bedingungen werden die Rentiere vermutlich aus unserem Jagdgebiet hinausziehen. Uns bleibt an diesem Abend nur die Erkenntnis: Vieles bei der Jagd lässt sich planen und mit richtiger Ausrüstung möglichst angenehm gestalten. Das Wetter jedoch bleibt eine unbeeinflussbare Variable.
Rentierjagd heißt jagen am Limit
Am nächsten Morgen teilen wir uns nach einem reichhaltigen Frühstück in drei Gruppen à zwei Jägern und einen Jagdführer auf. An meiner Seite Thomas, ein Freund aus Deutschland, und unser gemeinsamer Jagdführer Birgo. Er jagt in diesem Jagdrevier seit seiner Kindheit und kennt hier, nach eigenen Angaben, jeden Stein. Zunächst fahren wir mit dem Auto zu einem höher gelegenen zweiten Stausee, um von dort zu Fuß weiter zu gehen. Entgegen unser aller Hoffnung hat sich das Wetter noch verschlechtert und der Nebel hält sich hartnäckig – die Sichtweite beträgt zeitweise nur noch unter 50 m. Nichtsdestotrotz machen wir uns mit unseren 15 kg schweren, mit dem nötigen Tagesgepäck befüllten Rucksäcken auf Rentierpirsch. Schnell wird mir klar, ein gewisses Maß an körperlicher Fitness und Kondition erleichtert die Jagd hier im Norden auf jeden Fall. Und ich bin wirklich froh darüber, die Monate zuvor mit Rucksack bepackt auf Tirols Bergen gepirscht zu sein.
Nach etwa drei Kilometern jedoch folgt die ernüchternde Feststellung, dass wir bei diesem starken Wind und Nebel vermutlich mehr Rentiere vergrämen als sehen werden. Daher beschließen wir, uns windgeschützt unter einen großen Felsen zu setzen und darauf zu warten, dass sich der Nebel verzieht. Nach einer halben Stunde Warten auf durchnässtem Grund steht Birgo auf und schlägt vor, auf das nächste Hochplateau zu pirschen. Vielleicht haben wir dort mehr Glück mit dem Wetter? Diesen Vorschlag nehmen Thomas und ich gerne an. Uns ist durch die mangelnde Bewegung und den nassen Erdboden ohnehin schon sehr kalt.
Also steigen wir weiter auf, und tatsächlich: die Sicht bessert sich schlagartig, als wir oben ankommen. Mit einem Mal wird mir die unfassbare Weite dieser Gegend bewusst. Erst jetzt merke ich, dass ein guter Ausblick und eine gute Sicht es ungemein erleichtern, Rentiere inmitten dieser Felsen und Seen ausfindig zu machen. Aber wir müssen uns noch gedulden – zu dieser Stunde bekommen wir noch kein Wild in Anblick. Daran ändert auch der eingehende Funkspruch von Are nichts, der mit zwei weiteren Jägern am gegenüberliegenden Hang sitzt und ein Rudel Rentiere in unsere Richtung ziehen sieht. Zumindest blüht aber eine Hoffnung in uns auf: Rentiere müssen hier irgendwo in der Nähe sein.
Rentierpirsch in Norwegen: Nebel, Wind, Wetter und Kälte als ständige Begleiter...
So schnell, wie sich der Nebel noch vor einigen Minuten verzog, zieht er jetzt aber wieder auf und unsere Sicht beschränkt sich abermals auf einige wenige Meter. Birgo, Thomas und ich machen uns deshalb auf den Weg zu einem Platz, wo wir erst mal Mittagspause machen können und anschließend auf anwechselndes Wild warten werden. Birgos Vermutung ist nämlich, dass die Rentiere von den vor uns liegenden Berghängen herunter auf uns zu ziehen werden. Wenn dies der Fall ist, können wir entweder von unserem Warteplatz aus einen Schuss antragen oder wir werden die Rentiere anpirschen.
Doch es stellt sich heraus: alles Warten ist umsonst. Zwei Stunden sitzen wir im dauerfeuchten Erdboden, ohne Wild zu sehen oder zu hören. Ich trage bereits alle Kleidungsstücke, die ich am Morgen in meinen Rucksack packte. Dennoch frieren mir bei einer Temperatur von knapp über null Grad und dauerndem Regen die Finger und meine Haare sind schon triefnass. Deshalb habe ich auch nichts gegen den Beschluss von Birgo, langsam zurück zum Auto zu gehen, einzuwenden. Wir planen, uns vorerst aufzuwärmen, unsere Sachen zu trocknen. Am Abend wollen wir es nochmal mit einer kurzen Pirsch von der Hütte aus versuchen, wenn sich das Wetter hoffentlich gebessert hat. Aber es kommt wieder alles anders...
Auf dem Weg zurück zur Jagdhütte begegnen wir dem Grundeigentümer dieses unglaublich großen Jagdreviers. Wir alle nennen ihn "Landlord" und er ist ein guter Freund von Birgo. Nach einer kurzen Berichterstattung von Birgo über unseren bisherigen Tag erzählt uns dieser, dass sein Sohn am Vortag auf der anderen Seite des Stausees ein weibliches führendes Stück aus einem Rudel geschossen hätte. Er hatte aber keine Möglichkeit mehr gehabt, auch das Kalb zu erlegen. Das ist unsere Chance!
Rentier in Anblick!
Wir fahren eiligst um den Stausee herum, um einen erneuten Versuch zu starten, ehe es dunkel wird. Thomas und ich sprinten unserem Jagdführer hinterher, der es sichtlich eilig hat, den vom Landlord genannten Ort zu erreichen. Kein Wunder, in drei Stunden wird es völlig dunkel sein... Noch beim Aufstieg bleibt Birgo plötzlich vor mir wie erstarrt stehen. Er flüstert zu mir nach hinten, dass er für den Bruchteil einer Sekunde ein Rentier in Anblick hatte, dieses aber sogleich wieder in den Büschen verschwunden ist. Thomas und ich müssen also immer noch auf den Anblick eines ersten Rentiers warten. Dem Bach flussaufwärts weiter folgend kommen wir nach einer knappen Stunde auf einem Hochplateau an. Der Boden hier ist übersät mit Moos und Flechten, lediglich Wasser und Felsen sind nicht zu sehen. Ganz im Gegensatz zu der Gegend, wo wir vormittags unterwegs waren.
Durch das viele Moos erleuchtet die gesamte Ebene in sattem Orange. Ich bin erstmal von der Farbenpracht komplett überwältigt. So übersehe ich völlig das von links nach rechts ziehende Rentierkalb, auf das uns Birgo aber gleich aufmerksam macht. Wir wissen sofort, dass es das Kalb ist, dessen Muttertier am Vortag erlegt wurde. Auf der Suche nach seiner Mutter irrt es hilflos umher, etwa 600 m von uns entfernt. Das Rentier-Rudel ist mittlerweile vermutlich weitergezogen, so schätzt Birgo. Schnell zieht das Kalb rechts in eine Baumgruppe und wird für uns somit wieder unsichtbar. Wir überlegen, wie wir an das Kalb herankommen, ohne dass es uns vorher bemerkt. Birgo entscheidet sich, den suchenden Laut des Muttertieres nachzumachen, um es anzulocken. Inzwischen bereite ich mich vor, um zügig schießen zu können, sollte das Kalb wieder auf die offene Fläche austreten. Denn uns bleibt nur noch wenig Zeit. Ich suche mir einen mit Moos bewachsenen Stein, der etwas höher ist, und lege meinen Rucksack darauf, um in liegender Position eine gute Auflage zu haben.
Keine fünf Minuten später folgt das Kalb dem Lockruf von Birgo und tritt aus dem Wald rechterhand von uns wieder auf das Moosfeld hinaus. Nun heißt es Handeln! Ich messe mit meinem Fernglas mit integriertem Entfernungsmesser schnell nach – in diesen unendlichen Weiten ist es sehr schwierig, Entfernungen richtig einzuschätzen. Nur mehr 250 m! Leider immer noch etwas zu weit. Wir warten, bis es noch ein bisschen näher kommt. Ich drehe schon mal meinen Ballistikturm auf knapp über 200 m, weil ich jetzt keine Zeit mehr habe, um die exakte Entfernung zu messen. Als es das nächste Mal kurz verhofft, kann ich einen, so meine ich, sauberen Schuss antragen. Der war allerdings zu hoch, da das Kalb mittlerweile auf unter 190 m herangekommen ist. Es flüchtet im Trab 50 m nach links, und dann weitere 30 m bergauf. Birgo flüstert mir zu: "Shoot again." Gesagt, getan! Als es ein weiteres Mal bei etwa 220 m verhofft, schieße ich erneut und das Kalb liegt im Knall. Freude, Zufriedenheit und Erleichterung breiten sich gleichzeitig in mir aus. Thomas, der die ganze Aktion von weiter hinten mit seinem Handy filmt, eilt heran, um mir Waidmannsheil zu wünschen.
Jetzt aber schnell, es wird bald dunkel. Mit dem Aufbrechen ist es in der norwegischen Wildnis schließlich nicht getan. Nach dem für mich obligatorischen Erinnerungsfoto ist Zerwirken und Bergen im Rucksack angesagt. Dass die nordischen Jäger vor allem wegen des Fleisches jagen, erzählt uns Birgo, während er das Kalb in Windeseile zerwirkt. Wir packen alles in unsere Rucksäcke und machen uns auf den Weg zurück zum Auto. Schnell wird Thomas und mir bewusst, dass nicht nur vor dem Schuss Kondition von Nöten ist, sondern erst recht danach.
Ein einzigartiger Moment...
Am nächsten Tag lasse ich Thomas den Vortritt, den er mir am Vortag gewährte. Uns erwartet etwas besseres Wetter, zumindest sieht es vorerst mal nicht nach Regen und Nebel aus. Die Hoffnung keimt in uns auf, dass wir heute mehr Wild und vielleicht auch ein paar Bullen in Anblick bekommen. Wir starten wieder am selben Ausgangspunkt wie am Vortag, jedoch werden wir heute definitiv mehr Kilometer reißen und uns weiter Richtung Osten auf die Suche nach Rentieren begeben.
Am ersten Rastplatz angekommen, erkenne ich erstmals die gigantische Weite dieses Gebiets. Diese Aussicht ist uns gestern aufgrund des starken Nebels ja verwehrt geblieben. Wir können nun mehr als 5.000 m weit alles abglasen, doch wiederum kein Wild in Sicht. Also ziehen wir weiter, über Schneefelder und an weiteren Seen entlang. Meine Sportuhr zeigt mir bereits acht gelaufene Kilometer an, bis wir hinter einem Felsen vom Wind geschützt eine Mittagspause einlegen. Nach einer kräftigen Mahlzeit sind wir wieder gestärkt und motiviert für den bevorstehenden Nachmittag. Es stellt sich heraus, dass wir diese Kraft auch brauchen werden.
Wir ziehen weiter, halten immer wieder mal an und glasen die Felsen und Ebenen ab. Nach einer weiteren Stunde machen wir abermals eine Pause. Thomas und ich warten und trinken etwas, während Birgo hinter einem Hügel Ausschau nach Rentieren hält. Auch ich möchte nicht tatenlos herumsitzen und suche auf der Ebene neben dem vor mir liegenden See nach Wild.
"Halt, da war doch was", sage ich ungläubig zu mir selbst. Ich fahre mit dem Fernglas nochmal zurück und sehe tatsächlich mitten im Felsen einige Rentiere 600 m entfernt äsen. "Das glaubst du doch selbst nicht!", lacht Thomas. Ich zoome mit meiner Filmkamera so nah wie möglich heran. Tatsächlich! Wir blicken uns ungläubig an. Da drüben stehen mindestens fünf Rentiere, davon mindestens drei Bullen. Thomas springt sofort auf, um Birgo zu holen, der immer noch auf der Hinterseite des Hügels nach Wild Ausschau hält. Ich behalte inzwischen die Bullen im Auge und versuche, die restlichen Stücke anzusprechen. Zwei weibliche müssten auch noch dabei sein, mehr kann ich auf diese Entfernung mit dem Fernglas noch nicht erkennen.
Als Thomas mit Birgo zurückkommt, beschließen wir, uns von hinten anzupirschen, sodass uns die Rentiere nicht entdecken können. Birgo weist uns nochmals darauf hin, extrem vorsichtig zu sein. Das Ren äugt nicht nur sehr gut, wir müssen auch immer auf den Wind aufpassen, weil es noch besser windet. Also machen wir uns auf den Weg. Zuerst runter vom Hügel und dann hinter hohen Felsen entlang in die Richtung, wo der Trupp äst. Völlig außer Atem stehen wir nach 15 Minuten nur mehr 150 m von den Rentieren entfernt. Aber immer noch unentdeckbar für diese. Wir klettern auf einen Felsen, um von dort eine gute Schussposition zu haben, im Liegen versteht sich.
Waidmannsheil: doppeltes Jagdglück in Norwegen
Thomas hat sich nach der Anweisung von Birgo schon eingerichtet, ich warte noch. Birgo hat mir zwar ein weibliches Stück freigegeben, aber nur für den Fall, dass Thomas' Bulle bereits liegt und sich die Chance für einen zweiten Schuss ergibt. Auf einmal sehe ich vor mir die Geweihstangen eines Bullen. Er zieht schnellen Schrittes in unsere Richtung. Dahinter kommt ein weiterer Bulle zum Vorschein. Der erste ist allerdings größer und auch sicherlich älter. Dem soll es gelten. Er präsentiert uns seine ganze Breitseite. "100 m entfernt", flüstere ich Thomas noch zu, bevor er auf die Schulter zielt und abdrückt. Ich folge dem Bullen, der einen perfekt sitzenden Schuss abbekommt durch mein Zielfernrohr und sehe, dass er bereits nach 30 m Flucht nach links zu liegen kommt.
Dahinter folgt der Rest vom Trupp, flüchtet auf uns zu. Durch den Einsatz des Schalldämpfers kann das Wild nicht erkennen, aus welcher Richtung der Schall kommt. Wir haben das Glück, dass es genau in unsere Richtung flieht. Birgo gibt mir ein weibliches Stück frei, welches nach rechts flüchtet. Ich reiße das Gewehr nach vorn, lasse den Rucksack fallen und komme schnell in eine gute Schussposition. Mir bleibt noch Zeit für eine Entfernungsmessung: 105 m, perfekte Schussdistanz für meine RWS 6,5x55 SE Doppelkern. Das Ren macht keinen Schritt mehr, liegt im Knall. Die Freude von uns allen ist unermesslich. Was für eine spannende Jagd!
Die letzten zehn Minuten reflektierend bleiben wir kurz sitzen und blicken auf unsere "Beute", bis uns Birgo aus den Gedanken reißt. Denn wir müssen uns beeilen, in zwei Stunden wird es wieder dunkel sein und der Weg zurück ist lang. Zuerst brechen wir mein weibliches Stück auf, um es danach mit einem mitgebrachten Tuch provisorisch zuzudecken. Wir sind nämlich ohnehin nicht in der Lage, beide erlegten Rentiere mit nach Hause zu nehmen. Also entscheiden wir uns, mein Stück bis morgen liegen zu lassen und den Bullen mitzunehmen. Es ist nun 18 Uhr, alles ist aufgebrochen, der Bulle aus der Decke geschlagen, zerwirkt und das Fleisch in unseren Rucksäcken verstaut.
Und wieder bestätigt es sich: Nicht nur vor dem Schuss ist Kondition gefragt. Der Heimgang mit einem über 40 kg schweren Rucksack, voll bepackt mit Wildbret, stellt sich als echte Grenzerfahrung dar. Der Boden erschwert den Heimgang zusätzlich – er ist nass, glitschig, moosig. Noch dazu müssen wir einige Bäche überqueren. Doch Hilfe eilt uns schon entgegen. Die beiden anderen Guides, Are und Tommy, kommen uns gemeinsam mit Nils, einem Mitjäger und Freund, entgegen. Sie wollen uns die schwere Last auf dem letzten Kilometer noch abnehmen. Geschafft von den Strapazen – immerhin sind wir fünf Kilometer mit einem über 40 kg schweren Rucksack gewandert – erreichen wir die Autos bei Einbruch der Dunkelheit. Nach einem gemeinsamen Abend in der Hütte mit den Mitjägern, gefüllt von Gesprächen über Jagdabenteuer und begleitet von einigen verdienten Gin Tonics, falle ich nur noch ins Bett und lasse den vergangenen Tag Revue passieren.
Ein letzter Versuch am dritten Tag
Am dritten und letzten vollen Jagdtag ändern wir die Teams und die Jagdstrategie, damit auch die anderen Mitjäger noch eine Chance bekommen. Immerhin hätten wir noch 8 Stück zum Abschuss frei. Are und Nils wandern gemeinsam mit Thomas nochmal auf jenes Hochplateau, auf welchem wir am Vortag den Bullen und das weibliche Stück erlegt haben. Sie werden Ausschau nach dem Rest des Rudels halten und anschließend das von uns dort oben gestern zurückgelassene Wildbret bergen.
Birgo und ich begleiten an diesem Tag Jan, der in den Vortagen zwar einige Bullen in Anblick hatte, doch ihm bot sich nie die Möglichkeit, zu schießen. Wir fahren zuerst mit einem winzigen Boot ans andere Ende des Sees, um von dort aus eine Schlucht entlang ins Landesinnere zu wandern. Auf der ersten Ebene angekommen, finden wir reichlich Elch- und Rentierlosung, jedoch ist kein Wild in Sicht. Auch das Wetter verschlechtert sich zunehmend, es beginnt wieder zu regnen. Das Spiel vom ersten Tag wiederholt sich: Wir wandern von Aussichtsplattform zu Aussichtsplattform, machen immer wieder kurze Pausen, um die Gegend abzuglasen und marschieren wieder weiter. Erst während der Mittagspause erblicken wir auf der gegenüberliegenden Hangseite drei Bullen, zwei ältere und einen jüngeren. Da diese allerdings sehr zügig nach links marschieren, nimmt uns Birgo gleich jede Hoffnung auf Erfolg. Diese drei Bullen werden wir niemals erwischen, die sind zu weit weg und zu schnell. Leider haben auch die anderen Teams nicht mehr Glück als wir. Somit endet dieser Jagdtag ohne jagdlichen Erfolg.
Auch wenn das Wetter in diesen Tagen nicht auf unserer Seite war und wir aus diesem Grund viel weniger Wild in Anblick bekamen als vorher erwartet, so bin ich dennoch um viele Erfahrungen reicher und froh, dass ich diese Reise machen durfte. Sie hat mich zweierlei gelehrt: Vorbereitung und gezieltes Training sind für Jagden im Norden von enormer Bedeutung. Beides hilft, so dass das Abenteuer Wildnis nicht zum Alptraum mutiert und die Freude an der Jagd als solche nicht überlagert. Hier hat die Jagd noch den Charakter von einst: sie ist schwierig und anspruchsvoll! Aber genau das sind die Dinge, die mich so an der nordischen Jagd reizen und sie zu etwas ganz Besonderem machen.
Was für ein Jagderlebnis! Die Rentierjagd in Norwegen wird bei RWS ProHunter Elena sicherlich bleibende Eindrücke hinterlassen...
Bilder: Jagen am Limit
Alpenjaegerin