Elena Seiser Vor einem Jahr

Rehbockjagd in Rumänien ‒ während die Sonne am Horizont untergeht

RWS Hunting Blog

Im Sommer 2021 haben wir uns einen Traum erfüllt. Wir, das sind sechs Tiroler Jäger, die normalerweise in den Bergrevieren Tirols auf Hirsch und Gams jagen. Es lag für uns also nahe, dass wir irgendwann einmal ins Ausland fahren möchten, um auf wirklich kapitale Rehböcke zu waidwerken.

Schon vor einigen Monaten kam ich mal über die sozialen Medien mit Szilard Bordi, dem Inhaber von FOCUS Hunting, ins Gespräch, der mir Bilder und Videos von der Blattzeit in seinen rumänischen Revieren zeigte. Die haben mich sofort überzeugt und ich wusste: da müssen wir hin! Kurzerhand habe ich dann Gregor (meinen Partner), unsere beiden Väter und noch zwei befreunde Jäger überreden können, gemeinsam mit mir dort zur Blattzeit auf Rehböcke zu jagen. Anfang August 2021 ging es für uns dann 1000 km gen Osten, in das nordwestliche Ende von Rumänien, dem Drei-Länder-Eck von Ungarn, Rumänien und der Ukraine. Dank dem Hinweis von Szilard haben wir die Schalldämpfer zuhause gelassen, denn die Jagd mit Schalldämpfern ist in Rumänien nicht erlaubt. In unserer Unterkunft nach einer 11-Stunden-Fahrt und ein paar spannenden Grenzübergängen endlich angekommen, werden wir von Szilard und seiner Frau schon mit einem kühlen Getränk und einem typisch rumänischen Abendessen erwartet – die Vorfreude über die kommenden Jagdtage steht uns bereits in die Gesichter geschrieben!

Die Jagd beginnt

Erster Morgen, 4:30 Uhr… Unsere Pirschführer warten schon vor der Pension auf uns, aber bevor es losgeht in die Reviere, müssen noch alle Formalitäten erledigt und Formulare ausgefüllt werden. Noch bevor es zu dämmern beginnt, teilen wir uns auf in drei Gruppen mit jeweils zwei Jägern. Los geht’s mit der ersten Pirsch! Gregor wird den ersten Bock erlegen, das haben wir vorher ausgemacht. Angekommen im Revier schnappt sich Gregor also meine Blaser R8 im Kaliber .300 Win Mag, lädt das Magazin mit 4 Patronen der 11,7 Gramm schweren RWS SPEED TIP PROFESSIONAL und wir pirschen im ersten Dämmerungslicht hinter unserem Guide Fabiu her. Fabiu weiß, hier hat ein reifer, abnormer Bock sein Revier. Er zeigt uns auf seinem Handy noch ein Foto von dem Bock, das er im Mai diesen Jahres gemacht hat – diese Trophäe lässt ein jedes Jägerherz höher schlagen, also los!
 

Wir folgen dem Weg, pirschen ganz langsam, vorbei an einem Maisacker, verharren an dessen Ende, glasen über die angrenzende Wiese, nichts da, also weiter… Es kommt ein Sonnenblumenfeld, danach wieder eine Wiese. Da! Fabiu bleibt stehen und deutet in Richtung des anderen Endes der Wiese: eine Rehgeiß. Sie äst in Ruhe im ersten Morgenlicht, aber kein Bock in der Nähe sichtbar. Wir treten langsam aus, die Geiß springt ab, ohne zu schrecken. Vorbei am nächsten Maisacker, eröffnet sich vor uns ein riesiges abgemähtes Rapsfeld und mittendrin – knapp über 100 Meter von uns entfernt – steht er, der Platzblock. Fabiu erblickt ihn sofort und richtet den Pirschstock für Gregor her. Während Gregor das Gewehr einrichtet, vergewissert sich Fabiu mit seinem Fernglas nochmal schnell, ob es tatsächlich der gesuchte Bock ist. Er nickt Gregor kurz zu und keine Sekunde später lässt Gregor einen sauberen Schuss aus dem Lauf. Der Bock liegt im Feuer! Weidmannsheil, was für ein gewaltiger Start! Ich blicke ungläubig zu Gregor: „Wahnsinn, wie schnell das gerade gegangen ist.“ Eigentlich hätte ich die Szene noch mit meiner Filmkamera mitfilmen wollen, aber das habe ich im Eifer des Gefechts gar nicht mehr geschafft.

Ich schaue auf meine Uhr, die mir 5:50 Uhr anzeigt. Es ist noch so früh am Morgen, die Sonne geht gerade über den Sonnenblumenfeldern und Maisäckern auf. Fabiu fragt uns, ob wir mit ihm noch in einen anderen Teil des Reviers fahren möchten, um dort die Rehbrunft noch ein bisschen zu beobachten. „Aber klar doch!“, war unsere einstimmige Antwort. Wir genossen noch einen tollen Anblick mit viel springendem Rehwild und machten ein paar Videos, bevor es zurück in die Pension ging, wo wir auf die anderen zwei Jägergruppen trafen.

Auch von den anderen hatte je ein Jäger bereits Weidmannsheil mit ebenso starken Trophäen. Alles in allem also ein vielversprechender Start, der uns schon erahnen ließ, wie es in den nächsten Tagen wohl weitergehen wird.

Mein erster rumänischer Bock

Nach einem ausgiebigen Frühstück und einem gemütlichen Nachmittag treffen wir uns um 17:00 Uhr wieder mit Fabiu vor der Pension. Dieses Mal begleitet uns auch Szilard, das wird mit Sicherheit ein spannender Abend! Nach etwa 10-minütiger Fahrt im Revier angekommen, repetiere ich die Short Rifle-Patrone mit dem RWS SPEED TIP PROFESSIONAL-Geschoss in die Kammer und wir pirschen los. Die Sonne steht noch hoch und der Wind weht etwas stärker als noch am Morgen. Wir sind deshalb in einen hügeligen Teil des Revieres gefahren, nahe der Waldgrenze. Begleitet von einer Vielzahl an vorbei wechselndem Wild, insbesondere jungen Rehen, Fasanen und Hasen, bewegen wir uns entlang des Waldes abwärts in Richtung eines Schilfgürtels, der einen Maisacker und eine Wiese von einem anderen großen Feld trennt. Hier hat Fabiu schon öfter einen älteren Bock beobachtet, dem es nun gelten soll. Szilard geht nun voraus. Fabiu verlässt uns kurz, um noch hinter dem Maisacker zu schauen, ob der gesuchte Bock sich hier herumtreibt.

Einen von einem Schilfgürtel umgebenen Wassergraben querend stehen wir noch zwischen den mannshohen Schilfpflanzen, als Szilard plötzlich zusammenzuckt und blitzartig sein Fernglas hebt. Da liegt ein Bock, ganz alleine – genau am Rand des Maisackers. Ich messe mit meinem Swarovski EL Range 10x42, keine 80 Meter ist er weg! „Der hat aber eine weite Auslage“, sage ich zu Gregor. Der Bock ist gemütlich beim Wiederkäuen, der Wind geht in unsere Richtung, sodass er uns nicht bemerkt.

Szilard zückt seinen Buttolo und teilt uns seinen Plan mit, während ich schon den Zielstock und meine Waffe einrichte. „Ich werde nochmal zurückgehen auf die andere Seite des Wassergrabens und dann fiepen, wenn der Bock aufsteht und sich in meine Richtung bewegt: Feuer frei!“, sagt Szilard. Alles klar! Nun heißt es abwarten und nicht nervös werden. Noch nie hatte ich so einen guten Bock im Zielfernrohr. Szilard fängt an zu fiepen, sofort schaut der Bock auf, bleibt aber dennoch liegen und käut unbeeindruckt weiter. Das Spiel wiederholt sich ein paar Mal, bis er sich nach einem Sprengfiep von Szilard doch nicht mehr im Lager bleiben kann und sich erhebt. Noch bevor er einen einzigen Schritt machen kann, lass ich die Kugel aus dem Lauf, die ihn spitz von vorne trifft.

Ich bin überwältigt! Noch nie in meinem (doch nicht mehr ganz so jungen) Jägerleben durfte ich so einen starken Bock erlegen. Dazu kommt, dass die Stimmung einfach perfekt ist. Die Sonne steht noch hoch, wir machen ein paar tolle Fotos, bevor es noch weiter auf die Pirsch in einem anderen Teil des Reviers geht.

Ein Gewitter bahnt sich am Horizont an. „Das Wetter kann in Rumänien schnell umschlagen“, warnt uns Fabiu. Als schon die ersten Blitze näher kommen, kann Gregor noch am selben Abend seinen zweiten sehr starken Bock erlegen. Was für ein überaus erfolgreicher erster Jagdtag in Rumänien. So kann es weitergehen!

Der zweite Tag: der zweite und dritte Bock

Der zweite Tag ist noch jung, als uns Fabiu im Morgengrauen schon wieder vor unserer Pension erwartet. Auch dieses Mal begleitet uns Szilard. Bevor wir losfahren kontrolliere ich nochmal, ob ich alles Wichtige dabei habe: Fernglas, Waffe und mein Patronenetui, den Rest hat unser Pirschführer. Von mir aus können wir also los. Szilard erzählt mir auf der Fahrt ins Revier, dass wir heute auf den „Schwedenbock“ pirschen werden, einen mindestens 7 Jahre alten Bock mit engen und sehr hohen Stangen. Seit Mai diesen Jahres wurde er zwar nicht mehr gesichtet, aber in der Brunft sei alles möglich, so der erfahrene Jagdführer. Ich merke förmlich, wie in mir beim Aussteigen aus dem Auto und Herrichten der Waffe schon die Spannung bis in die Fingerspitzen steigt. Dieses Mal pirsche ich hinter Fabiu her, dicht gefolgt von Gregor und Szilard. Gregor hat die Videokamera dieses Mal schon griffbereit.

Angekommen bei dem Feld, wo Fabiu und andere einheimische Jäger den Schwedenbock zuletzt vor ein paar Monaten in Anblick hatten, richte ich den Zielstock und mein Gewehr ein, und Szilard fängt an zu fiepen. Eine Serie, Pause, die zweite Serie,… Da! Szilard zeigt zum Horizont, ca 300 Meter entfernt steht er. Ich traue meinen Augen kaum, was für eine Trophäe!! Gregor fängt bereits an zu filmen, das könnte jetzt sehr schnell gehen. Der Bock springt förmlich in unsere Richtung, in Richtung der Fieplaute von Szilard. Er kommt immer näher und näher, ich versuche, den Wildkörper ins Zielfernrohr zu bringen, aber der Bock verharrt immer nur eine knappe Sekunde, bevor er wieder weiter läuft. Dieses Spiel wiederholt sich einige Male. Ich merke bereits, wie Szilard und Fabiu ungeduldig werden. Der Bock steht nun keine 50 Meter mehr von uns entfernt, als ich ihm endlich einen sauberen Schuss antragen kann. Dank der extrem guten Stoppwirkung des SPEED TIP PROFESSIONAL Geschosses auch auf kurze Distanzen liegt er im Feuer, und all die Spannung und Nervosität verwandelt sich mit einem Mal in unglaubliche Freude und Erleichterung. Noch während ich mich mit einem Blick durchs Zielfernrohr versicherte, dass der Schuss auch wirklich saß, klopfen mir Szilard und Fabiu voller Freude auf die Schultern und ich realisiere, dass ich wohl den kapitalsten Bock meines Lebens erlegt habe. Mit einem Gewicht von 536 Gramm wird er das vermutlich auch noch lange bleiben. Die Freude steht mir ins Gesicht geschrieben! Während wir noch ein paar Erinnerungsfotos machen, rekapitulieren Gregor und ich nochmal, was gerade in den letzten 30 Minuten geschehen ist. Fabiu und Szilard machen inzwischen einen Plan für den weiteren Tagesverlauf, als Erstes geht’s jetzt aber mal zurück in die Pension für ein ausgiebiges gemeinsames Frühstück.

Dass Rumänien aber auch abgesehen von der Jagd und kapitalen Rehböcken so einiges zu bieten hat, möchte uns Szilard am Nachmittag zeigen. Nach einer ausgiebigen Siesta führt er uns zu einem großen Weingut eines Bekannten, das auf einem Plateau gelegen ist. Gemeinsam mit Szilard und Josef, dem Eigentümer, besichtigen wir dessen Anwesen. Im Jahrhunderte alten Weinkeller durften wir den edlen Tropfen auch verkosten, bevor es wieder zurück zur Pension ging, die Abendpirsch nahte bereits.

Für die Abendpirsch, so berichtet mir Szilard bei der Fahrt zurück zur Pension, habe er sich dieses Mal etwas anderes überlegt: wir werden die riesigen, mehrere Quadratkilometer umfassenden Sonnenblumen- und Rapsfelder abfahren und dort pirschen, um die Rehbrunft ausgiebig beobachten zu können. Bestenfalls findet sich dort auch ein reifer Bock für mich. „Eine super Idee!“ erwiderte ich sofort. So weitläufige Landschaften wie hier gibt es bei uns zuhause nicht. Auch so ein guter Rehwildbestand, der es ermöglicht, dass man eigentlich immer Rehwild in Anblick hat, ist mit der Jagd in Tirol nicht vergleichbar. Umso mehr freue ich mich auf die Eindrücke von diesem Abend. Da die Sonne an diesem Tag hoch über dem Himmel steht und die 30 Grad-Marke weit überschritten ist, starten wir an diesem Abend etwas später als am Vortag. Die Böcke würden bei dieser Hitze ohnehin länger liegen, so Szilard.

Als Fabiu mit seinem Pickup von der Hauptstraße auf einen Forstweg einbiegt, eröffnet sich uns ein weites Sonnenblumenfeld, erst am Horizont sind ein paar Bäume zu erkennen. Es dauert nicht lange, vielleicht ein paar Hundert Meter Fahrt, als wir die ersten Rehe erblicken. Ein junger, aber bereits kapitaler „Zukunftsbock“ – wie Szilard ihn sofort anspricht – samt 3 Geißen. Sie springen schnell ab, wir fahren weiter.

An einer Forstraßenkreuzung parken wir und pirschen nun zu Fuß weiter, da unweit von uns die heimischen Bauern mit ihren Landmaschinen noch am Mähen sind. Zwischen mannshohen Sonnenblumen und abgemähten Rapsfeldern haben wir viel Anblick, aber ein alter Bock ist derweil nicht in Sicht. Auf dem Weg zurück zum Auto hebt Fabiu plötzlich sein Fernglas, er muss was besonderes gesehen haben. Tatsächlich, Gregor deutet in Richtung des nächsten Sonnenblumenfelds, wo soeben ein Rehbock aus den Sonnenblumen ausgetreten ist. Der ist definitiv alt und reif! Ich richte schnell mein Gewehr ein, während Fabiu und Szilard den Bock noch genauer ansprechen. Es vergeht allerdings keine Minute, da hat der Bock uns schon erblickt und sich schleunig wieder zwischen den Sonnenblumen versteckt. Auch mehrmaliges Fiepen durch Szilard ändert nichts an der Tatsache, dass er nicht mehr rauskommen will. Also gehen wir zurück in Richtung Auto. Wir fahren ein paar Minuten weiter, vorbei an den unendlich groß wirkenden Sonnenblumenfeldern.

An einer Ecke, wo ein Maisfeld an ein Sonnenblumenfeld angrenzt, lässt Fabiu sein Auto stehen und gibt uns zu verstehen, dass es nun wieder zu Fuß weitergeht. Nach einem kurzen Gespräch zwischen Fabiu und Szilard erzählt mir Szilard, dass Fabiu hier in der Umgebung vor Kurzem erst – als er mit einem anderen Jagdgast unterwegs war – einen kapitalen und reifen Bock in Anblick hatte. Den werden wir nun suchen! Ich packe mein Fernglas, meine Waffe und meinen Pirschstock, dann kann es losgehen. Unter der sich langsam neigenden Sonne pirschen wir einige Minuten auf der Forststraße entlang, bis Fabiu plötzlich sein Glas hebt und uns signalisiert, dass auf dem abgemähten Rapsfeld vor uns ein Bock und eine Geiß im Lager liegen. Schnell war klar, das ist der gesuchte Bock! „Ein wirklich starker Sechser!“, flüstert mir Gregor zu, während er die Filmkamera bereit macht und ich mein Gewehr einrichte.

Nun heißt es warten, bis die beiden Rehe sich aus ihrem Lager erheben. Die Minuten kommen mir wie Stunden vor, aber wir entscheiden uns bewusst dafür, nicht durch Fiepen für Unruhe zu sorgen, sondern unbemerkt bleiben zu wollen. Knappe 20 Minuten später, als die Sonne langsam hinter den dahinter liegenden Bäumen zu verschwinden beginnt, erhebt sich zunächst die Geiß und ein paar Sekunden später auch der Bock, der der Geiß auf Schritt und Tritt folgt. Das Treiben beginnt sofort und durch das Zielfernrohr ist es schwierig, dem Bock folgen zu können. Ich bemerke, dass nicht viel Zeit bleibt, bevor der Bock mit seiner Geiß im nächsten Mais- oder Sonnenblumenfeld verschwinden wird. Als der Bock daher eine kurze Atempause einlegt, steht er auf einer Entfernung von knapp 200 Metern spitz vor mir. Diese Gelegenheit nutze ich sofort und lasse das RWS SPEED TIP PROFESSIONAL Geschoss aus dem Lauf. Der Bock liegt sofort im Feuer und die Erleichterung steht nicht nur mir, sondern auch Szilard und Fabiu sichtlich ins Gesicht geschrieben! Als wir ein paar Minuten später beim Bock ankommen, fallen uns erst die für diese Gegend im Verhältnis dunklen Stangen des Bockes auf. Eine solche Farbe kenne ich eigentlich nur von Böcken, die an Zirben und anderen Nadelhölzern verfegen. Eine ganz spezielle Trophäe, die noch dazu mit stolzen 513 Gramm einen besonderen Platz zuhause bekommen wird, das ist mir bereits jetzt klar.

Wir genießen den tollen Moment und den bevorstehenden Sonnenuntergang noch eine ganze Weile, bevor es wieder zurück zur Pension geht, wo bereits ein tolles Abendessen mit rumänischen Spezialitäten auf uns wartet.

Der krönende Abschluss am dritten Jagdtag

Nach zwei so tollen und vor allem auch erfolgreichen Jagdtagen entschlossen Gregor und ich uns, am dritten und letzten Jagdtag Gregors Vater bei seiner Pirsch auf einen ganz speziellen Bock zu begleiten. Bereits am Vorabend zeigte uns Szilard Fotos von diesem Bock, die seine Jäger im Frühjahr machen konnten. Kein Zweifel, der wäre sicherlich der beste Bock von allen! Schon alleine die Masse unten bei den Rosen zeugt auch davon, dass es sich hierbei um einen alten und gut veranlagten Herrn handeln muss.

Zeitig in der Früh starten wir zu fünft – Gregor und sein Vater, Fabiu, Szilard und ich – von der Pension aus los und Fabiu lenkt seinen alten Toyota Hilux in jene Richtung, wo wir auch am ersten Jagdtag am Morgen waren. Mir kommt der Ort sofort bekannt vor und ich deute zu Gregor beim Fahren über die Forstwege in die Richtung, wo er damals, am ersten Morgen, seinen ersten Rehbock erlegen konnte. Während ich dieses Erlebnis nochmal für mich Revue passieren lasse, fährt Fabiu noch ein paar Hundert Meter weiter, bis er das Auto leise abstellt und uns noch im Auto sitzend daran erinnert, dass wir sehr leise sein sollen, wenn wir nun zu Fuß weiter pirschen. „Bei 5 Personen ist das Risiko, entdeckt zu werden, doch um einiges größer und der Bock ist sehr vorsichtig!“, teilt uns Fabiu mit. Dem Rat von Fabiu folgend pirschen wir ganz langsam vorbei an den sich abwechselnden Sonnenblumen- und Maisfeldern.

Bei einer kleinen Wiese, die sich nach einem Sonnenblumenfeld eröffnet, bleibt Fabiu am Rand stehen und gibt Gregors Vater mittels Handzeichen zu verstehen, er möge sich einrichten. Fabiu fängt inzwischen an zu blatten. Erste Serie, keine Bewegung, kein Bock. Zweite Serie, immer noch nichts – wir warten mal ab. Nach ein paar Minuten versucht es Fabiu ein drittes Mal, aber wieder kommt kein Bock in Anblick. Im Gesicht von Fabiu macht sich ein Hauch von Enttäuschung breit, er hat sich von diesem Platz vermutlich mehr erhofft. Er spricht kurz in leisem Ton mit Szilard und sie entscheiden sich dafür, dass wir weiter pirschen werden. Fabiu und Szilard sind sich sicher: weit weg kann der Bock nicht sein. Wir folgen dem Weg weiter entlang von Maisackern und Sonnenblumenfeldern, dazwischen immer wieder ein paar kleine Wiesen, aber bekommen kein Rehwild in Anblick. Als die Sonne schon über dem Horizont aufgegangen ist, sagt uns Fabiu – wieder mit leicht enttäuschtem Gesichtsausdruck – dass es nun Zeit sei, zurück zum Auto zu gehen. Das Auto schon in Sichtweite, bleibt Fabiu wie üblich beim vorletzten Maisacker, hinter dem nochmals eine kleine Wiese ist, am Rand stehen. Dieses Mal aber duckt er sich sofort in die Knie und deutet zu Gregors Vater hastig, dass er den gesuchten Bock in Anblick hat! Während sich Gregors Vater seinen Pirschstock herrichtet, gelingt es mir, auch einen Blick durchs Fernglas auf den Bock zu erhaschen. „Unglaublich, was für eine Trophäe!“, mir bleibt fast die Sprache weg. Dann geht alles plötzlich sehr schnell, Gregors Vater kann ihm schnell einen sauberen Schuss hinterm Blatt antragen und der Bock flüchtet noch ein paar Meter hinein ins nächste Sonnenblumenfeld. Als erste Reaktion, als die ersten Sekunden verstrichen sind, streckt Fabiu seine Arme gen Himmel und dankt dem Heiligen Hubertus. Was für ein unglaublicher Moment! Wir besprechen gerade das soeben Erlebte, während Fabiu den Bock aus dem Sonnenblumenfeld holt und diesem feierlich den letzten Bissen übergibt. Nach einem kräftigen Weidmannsheil von allen, die dabei waren, machen wir noch ein paar schöne Erinnerungsfotos, bevor es wieder zurück geht zur Pension. Am nächsten Tag stellte sich heraus, dass Fabiu und Szilard Recht behalten würden: der Bock brachte stolze 546 Gramm auf die Waage, das CIC-Ergebnis mit 167 Punkten ist darüber hinaus noch beachtlicher.

Verwendete Munition: RWS SPEED TIP PROFESSIONAL im Kaliber .300 Win. Mag.

Während mir auf der Rückfahrt zur Pension so langsam bewusst wird, dass das wohl meine letzte Pirsch im Rahmen dieser Jagdreise ist und wir morgen schon wieder 1000 Kilometer nach Westen fahren müssen, reißt mich Szilard aus den Gedanken und fragt mich eher so beiläufig, ob wir nachmittags schon alles zusammenpacken werden oder ob ich Lust habe, mit ihm abends noch ein letztes Mal jagen zu gehen. Er habe da unweit von der Pension einen abnormen Bock gesehen, der sicherlich auch nicht mehr der Jüngste sei. „Ja klar - auf jeden Fall gehen wir heute Abend nochmal raus!“, war meine sofortige Antwort darauf.

Mit Vorfreude packe ich am Nachmittag meine Sachen zusammen. Gewehr, Munition und Fernglas kommen aber noch nicht in die Reisetasche. Auf den abnormen Bock, von dem Szilard am Morgen gesprochen hat, bin ich schon sehr gespannt. Generell überrascht mich die Professionalität, mit der Szilard und seine Mitjäger die Reviere hier bewirtschaften. Wie oft sind wir an starken, aber noch jungen Böcken vorbeigefahren und sie wurden mit einer bewundernswerten Selbstverständlichkeit nicht mal ansatzweise für einen Abschuss in Betracht gezogen. Stattdessen wurden Fotos zur Dokumentation gemacht und der Anblick genossen.

Dies führt natürlich auch dazu, dass es nahezu keine unbekannten alten und abschussreifen Böcke gibt, sondern ganz gezielt auf diese gejagt wird. So auch an unserem letzten Jagdabend, an dem mich nicht nur Gregor, sondern auch mein Vater begleiten, was mich besonders freut. Nach einem kleinen Abendessen machen wir uns fertig und fahren mit Szilard los. Keine 5 Minuten später kommen wir an dem Platz an, an dem Szilard sein Auto stehen lässt. Wieder einmal geht es zu Fuß weiter. Anders als an den Orten, wo wir die Tage zuvor immer jagten, sieht man hier nur mannshohe Maispflanzen oder Rapsfelder. Sonnenblumen und Wiesen fehlen in diesem Revierteil gänzlich. Szilard verrät mir seine heutige Jagdstrategie. „Wir gehen in den Maisacker, der gegenüber von dem geernteten Rapsfeld liegt, hinein und verstecken uns hinter der ersten Mais-Reihe. Ich werde beginnen zu fiepen und dann schauen wir, was passiert.“ Alles klar für mich, das könnte noch spannend werden, denke ich mir innerlich! Ich richte meine Blaser auf dem Pirschstock zwischen den sich vom Wind ständig bewegenden Blättern der Maispflanzen ein und versuche, mir ein näheres Bild von dem vor mir liegenden Feld zu machen. Mein EL Range sagt mir, dass es 200 Meter bis zum gegenüberliegenden Feldrand sind. Insgesamt also alles in Schussdistanz, wenngleich ich feststelle, dass der Boden etwas buckelig ist. Es könnte damit gut passieren, dass man ein Reh gar nicht sieht, wenn es gerade ungünstig steht oder sogar im Lager liegt. Szilard fängt an zu fiepen, anfänglich tut sich jedoch nichts. Wir warten weiter im Mais ab. Die heiße Luft steht extrem hier drin, ich merke förmlich wie mir die Schweißtropfen über mein Gesicht herunter rinnen. Zufällig werfe ich meinen Blick nach links, wo mein Vater am Feldrand, versteckt hinter den Maispflanzen steht. Erst nach ein paar Sekunden merke ich, dass er mittels Handzeichen mir mitzuteilen versucht, dass er einen Bock vor sich auf dem Rapsfeld sieht. Ich gebe Szilard einen Stupser und zeige auf meinen Vater, sodass auch Szilard sieht, wohin mein Vater zeigt. Doch wir beide können nichts erkennen von unserem Standpunkt aus. „Was machen wir nun?“, frage ich Szilard. „Los, wir gehen neben dem Maisacker den Feldrand entlang!“ schildert mir Szilard seinen Plan. Während Gregor und mein Vater den Bock weiter im Auge behalten, pirsche ich also mit Szilard ganz langsamen Schrittes am Rande des Rapsfeldes entlang, wir hoffen darauf, dass uns die Maispflanzen hinter uns genügend Deckung bieten. Nach etwa fünfzig Schritten, die mir innerlich wie eine Ewigkeit vorkommen, erkenne ich plötzlich den Rücken eines äsenden Stückes Rehwildes, Szilard erblickt es auch schon. Mit dem Fernglas kann Szilard von dieser Position aus nicht näher ansprechen, ob es sich um einen passenden Rehbock, allenfalls sogar um den abnormen handeln könnte. „Noch ein bisschen weiter, aber ganz langsam!“, flüstert mir Szilard zu. Wir machen noch ein paar Schritte, ich richte mal vorsorglich mein Gewehr auf dem Pirschstock ein und entsichere, durchs Zielfernrohr erkenne ich sofort, das ist ein abnormer Bock. Vermutlich aufgrund einer Bastverletzung bildet er eine Stange normal aus, die andere hängt nach unten – eine sehr interessante Trophäe! Szilard weiß sofort, das ist der gesuchte Bock und gibt ihn auch sofort frei. Ich könne schießen, wenn es für mich passe. Der Bock steht ein paar Sekunden breit und ich lasse die Kugel schon aus dem Lauf. Nach einer sehr kurzen Flucht ins benachbarte Maisfeld liegt der Bock und Szilard klopft mir auf die Schultern, bevor er mir mit einer kräftigen Umarmung Weidmannsheil wünscht.

Einen besseren Abschluss für eine solche Jagdreise, als auf einen bekannten, abnormen und gleichzeitig noch starken Rehbock zu jagen, gibt es wohl kaum. Darüber sind wir uns einig. Bevor es wieder nach Hause geht, legen wir noch Strecke, das liegt Szilard und seinen Jägern sehr am Herzen. Und unser Ergebnis ist beachtlich: in drei Jagdtagen konnten wir 23 sensationelle Böcke mit einem Durchschnittsgewicht von über 450 Gramm erlegen!

Zurück nach Tirol nehmen wir aber nicht nur einzigartige Trophäen (die wir etwas später samt allen Papieren und offizieller CIC-Bewertung nach Hause geliefert bekamen) und neue Jagdfreundschaften, sondern auch eine Vielzahl an tollen Erinnerungen an eine wirklich unvergessliche Jagdreise mit. Die Rehbockjagd in Rumänien ist nicht nur aufgrund der facettenreichen Landschaft, sondern auch wegen der hohen Wilddichte und Unberührtheit der Natur viel ursprünglicher in Mitteleuropa. Ein wahrhaftiges Traumland zum Jagen!